Mutz & Max Hegetschweiler-Schüpbach

Mutz und Max Hegetschweiler-Schüpbach 1986

Beitrag:

»Eine Hängebrücke in der Brusttasche«

Mutz & Max Hegetschweiler-Schüpbach im Briefwechsel

Mit 88 Abbildungen aus Hegetschweilers Skizzenheften. Herausgegeben und kommentiert von Doris und Peter Walser-Wilhelm

Max Hegetschweiler (1902–1995) zählte als Grafiker und Maler mit Max Hunziker, Max Gubler, Eugen Früh, Max Truninger, Walter Jonas, Willy Guggenheim u. a. zur Zürcher Schule der ›Figurativen‹, die in ihrem Schaffen dem Gegenständlichen treu blieben, aber ihre je eigene Vision entfalteten. Trotz Hegetschweilers wesensgemäss zurückhaltendem Auftreten in der Öffentlichkeit fanden der Symbolismus und die ästhetische Qualität seines umfangreichen grafischen und malerischen Werks bei einem sensiblen Publikum grosse Aufmerksamkeit. Im vorliegenden Beitrag leben die intime, von französischem ›esprit‹ inspirierte Persönlichkeit Hegetschweilers und sein ästhetischer Kosmos durch Zwiesprache wieder auf, einerseits im Briefwechsel mit seiner Gattin, andererseits durch eine intermittierende Folge von 88 Handskizzen, die auf Studienreisen durch Frankreich, Spanien, Tunesien sowie in der Brückenstadt Zürich vor Ort entstanden sind.

Der Beitrag enthält den zeit- und kunstgeschichtlich aufschlussreichen Briefwechsel des Zürcher Kunstmalers und Grafikers Max Hegetschweiler (1902–1995) mit seiner aus Worb gebürtigen Gattin Hermine (›Mutz‹), geb. Schüpbach (1904–2000). Hegetschweiler lebte von 1924 bis 1940 (ab 1933 mit Gattin) in Paris. Die Eheleute remigrierten 1940 nach Zürich, wo sie während über 50 Jahren an der historischen Spiegelgasse 18 das Eckhaus ›Felsenegg‹ bewohnten.

Der Briefwechsel, anlässlich der Totalrenovation der ›Felsenegg‹ im Jahr 2001 von einem aufmerksamen Elektriker in einem entlegenen Winkel geborgen und dem nahen Stadtarchiv übergeben, datiert aus den Jahren 1933–1953 und ist fast lückenlos in 300 Nummern überliefert. Periodische Anlässe zum Briefwechsel waren in der Pariser Zeit die alljährlichen Aufenthalte von Max in Zürich, wo er um die Weihnachtszeit in der Innenstadt seine private Ausstellung seiner französischen Produktion kuratierte, während Mutz in Paris ihren Kundinnen ihre »soins esthétiques« applizierte, sowie ab 1939/40 die 14 wochen- und monatelangen Dienstleistungen Hegetschweilers als Sanitätssoldat im Gotthardgebiet, indes Mutz in der Ostschweiz als Apothekergehilfin arbeitete. Dem Briefwechsel vorangestellt sind 40 Briefe und Dokumente, die die Jugend- und Lehrjahre von Max in Frankreich und in der Schweiz aufhellen, insbesondere seine freundschaftliche Zusammenarbeit mit Max Hunziker.

Die durchweg handschriftlichen Briefe aus der ersten Lebenshälfte sind nach editionswissenschaftlichen Prinzipien erfasst, jedoch in der Druckfassung mühelos lesbar. Ihre chronologische Folge ist klar periodisiert. Die Briefpausen gewähren Durchblick auf eine intermittierende Folge von 88 Handskizzen (Blei- und Filzstift s/w), die Hegetschweiler in der zweiten Lebenshälfte auf über hundert Studienreisen und Aufenthalten in Frankreich, Spanien, Kreta und Tunesien vor Ort gezeichnet hat, fast alle im Format A4 (Zeichenhefte). In den spontanen Handskizzen vor Ort ist der eigenartige Symbolismus von Hegetschweilers Schaffen angelegt, der nach Kriegsende und einer Psychoanalyse beim Malerkollegen Ernst Kempter sein Schaffen in der zweiten Lebenshälfte geprägt hat. Die Komposition unseres Beitrags erinnert an Hegetschweilers Herkunft vom französischen Frühkubismus; in der durchgehenden Staffelung von Brief- und Bildebene korrespondieren die beiden Lebenshälften, in welchen die lebenskluge Mutz Hegetschweiler die Rolle der psychischen Moderatorin und der literarisch und ästhetisch kultivierten Inspiratorin innehatte. Die Briefe sind Exerzitien des Erdauerns, die Skizzen das Tagebuch innerer Verwandlung und kreativen Schauens.

Zu Max Hegetschweilers Ästhetik

In einer zum 80. Geburtstag von Max Hegetschweiler erschienenen Freundesgabe haben Doris und Peter Walser-Wilhelm die Ästhetik des Jubilaren umrissen: goût, Musikalität, correspondances. Auch dieser Text – 1982 als Privatdruck aufgelegt – ist hier erstmals digital zugänglich.